Pfefferminztaler – die laut Valerie Babies beschleunigen und Polizisten munter machen

Pfefferminztaler
Pfefferminztaler (durchgeschnitten)
Erläuterung

Published in: on Juni 29, 2014 at 3:15 pm  Comments (7)  

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7 KommentareHinterlasse einen Kommentar

  1. Mit diesen Pfefferminztalern, zu denen ich durch das Buch „Valerie kocht“ inspiriert wurde, beteilige ich mich an dem von Shermin ausgerichteten bibliophil-kulinarischen Blogevent „Lesehunger!“

    Rezept, Buchvorstellung sowie Zitat der inspirierenden Textstelle folgen in den nächsten Tagen.

    Versprochen ;-)
    Gourmandise

  2. Die sehen ja lecker aus. Danke für den minzig-schokoladigen Beitrag. Bin dann gespannt auf weitere Infos zum Buch und das Rezept. :)

    Liebe Grüße!

  3. Da diese Pfefferminztaler nicht nur lecker aussehen, sondern auch ausgesprochen lecker sind, beschreibe ich zunächst, wie ich diese zubereitete:

    Zutaten

    20g Kokosfett (aus dem Reformhaus), 2 EL Zitronensaftkonzentrat, 200g Puderzucker, 10 Tropfen reines Pfefferminzöl (aus der Apotheke), 100g Zartbitter-Kuvertüre

    Vorgehensweise

    Das Kokosfett in einer Souteuse zerlassen. Bei mittlerer Hitze zunächst das Zitronensaftkonzentrat zufügen, dann nach und nach 100g Puderzucker einrühren.

    Sobald diese 100g Puderzucker aufgelöst sind, die Souteuse vom Herd nehmen. Das Pfefferminzöl hinein tropfen und die verbliebenen 100g Puderzucker einrühren.

    Die Masse sodann auf eine glatte Arbeitsfläche geben und dann gründlich miteinander verkneten. Anschließend jeweils wachteleigroße Stücke abnehmen und daraus dickere Taler formen. Diese nebeneinander auf Backpapier legen und mindestens 4 Stunden ruhen lassen.

    Die Kuvertüre in einer eigentlich nicht für den Indutionsherd geeigneten Edelstahlschüssel bei kleinstmöglicher Hitzezufuhr schmelzen. (Üblicherweise macht man das natürlich im Wasserbad, doch so geht es auch…)

    Jeden der Pfefferminztaler in der zerlassenen Kuvertüre wenden und dann zum Trocknen auf ein Abtropfgitter setzen.

    Die Pfefferminztaler über Nacht in den Kühlschrank stellen,
    damit die Kuvertüre fest werden kann.

    Die fertigen Pfefferminztaler schmecken später auch am Besten,
    wenn man sie kühlschrankkalt genießt.

    Weil in dem Roman „Valerie kocht“ nur die recht ungenaue „Wer sich damit nicht so genau auskennt: Pfefferminztaler bestehen aus karamelisiertem Zucker und Pfefferminzöl; aus der glattgestrichenen Masse werden Taler ausgestochen und in geschmolzene Schokolade getaucht.“ zu finden war, surfte ich im Internet und fand dabei die über den folgenden Link erreichbare Video-Anleitung: http://www.youtube.com/watch?v=yOCcAUDNZNE

    Die Video-Anleitung ist gut.

    Allerdings sieht man im Film, dass offensichtlich mehr als die in der darunterstehenden Zutatenliste angegeben 1 EL Zitronensaft verwendet wurde und auch die mündlich gegebene Empfehlung zur Verwendung von 10 Tropfen erwies sich für mich als passend.

    Vielleicht erreicht man auch die so gut formbare Konsistenz der Pfefferminzmasse, wenn man sich traut, das Kokosfett-Zitronensaft-Puderzucker-Gemisch in der Souteuse tatsächlich kurz aufkochen zu lassen.

    Meine Pfefferminzmasse war zu bröcklig um daraus eine vernünftige Rolle zu formen und ich musste darum auch beim Formen der Taler vorsichtig vorgehen.

    Ich traute mich aber nicht mehr, die Souteuse zu lange auf dem Herd zu lassen, da es sich bei diesen Pfefferminztalern bereits um den zweiten Versuch handelte – und ich nicht mehr genügend Puderzucker für einen dritten Versuch an diesem Wochenende hatte.

    Warum ein zweiter Versuch?

    Bei ersten Versuch gab ich der Versuchung nach, mich nicht 1:1 an die Video-Anleitung zu halten, sondern mich stattdessen an der Information „Pfefferminztaler bestehen aus karamelisiertem Zucker und Pfefferminzöl“ aus dem Buch zu orientieren. Ich nahm die Souteuse nach dem Einrühren der 100g Puderzucker also nicht sogleich vom Herd sondern ließ das Kokosfett-Zitronensaft-Puderzucker-Gemisch unter Rühren eine herrlich karamellige Farbe annehmen. Das roch fantastisch. Auch den restlichen Puderzucker konnte ich noch problemlos einarbeiten. Bis dahin war ich rundum zufrieden. Doch dann wurde die Masse zunehmend fester und fester, sodass ich zwar gerade noch die Rolle formen konnte, sich davon aber bereits beim besten Willen nichts mehr abschneiden ließ. Schließlich tat ich die Rolle in einen Gefrierbeutel und schlug sie mit dem Hammer klein. So kam ich zu den Minzkaramellen . Die größeren Stücke schmecken durchaus als Bonbons. Bezüglich der kleineren überlege ich noch, ob ich sie noch kleiner zerstoße und dann zum Bestreuen von Joghurt oder Eis verwende…

    Beim zweiten Mal – auf die in meinem Rezept beschriebene Weise – erhält man zwar auch keine so gut wie im Video formbare Masse, doch lässt sich diese dennoch zu Talern formen, die nach dem Ruhen stabil genug zum Wenden in der Kuvertüre sind und am Ende köstlich schmecken.
    So geht es also auf jeden Fall.

  4. Meine heutige Zugfahrt nach Hamburg habe ich genutzt, um endlich die versprochene Vorstellung des Romans „Valerie kocht“ zu verfassen und das angekündigte Zitat der inspirierenden Textstelle abzutippen.

    Zunächst zum Roman im Ganzen:

    Das Buch „Valerie kocht“ entdeckte ich vor etwa zwei Monaten zufällig in der Bibliothek. Ich muss zugeben, dass ich es allein wegen des Covers aus dem Regal zog und dann auch entlieh, denn in dieser Mittagspause hatte ich leider nicht genügend Zeit mich damit länger auseinander zu setzen. Die Entleihe erwies sich aber als echter Glücksgriff. Denn dieser Roman lässt sich einerseits zwar sehr einfach lesen, hat mich aber andererseits dennoch durchaus nachdenklich gemacht.

    So amüsant viele Szenen zu lesen sind, so ernst ist das Grundthema doch. Immerhin geht es darum, dass Nell zu ihrer Mutter Valerie zieht, weil diese sehr schwer erkrankt ist, dies aber nicht wahr haben will, stattdessen kocht sie weiterhin ohne Unterlass und erzählt ihre phantastischen Geschichten. Nell kommt damit sehr schlecht zurecht. Sie hat sich als Kind mit der unkritischen Wiedergabe der Erzählungen ihrer Mutter ein paar Mal blamiert und aufgrund dieser Erfahrungen beschlossen, nur noch nachweisbare Tatsachen zu akzeptieren und hat inzwischen geschafft, zu einer anerkannten Naturwissenschaftlerin zu werden. Mit dem Einzug ins Haus Ihrer Mutter erhofft sie sich, in der verbleibenden Zeit vor dem Tod Ihrer Mutter irgendwann doch noch ein ‚vernünftiges‘ Gespräch mit ihr führen zu können und so etwas Wahres über ihre Kindheit zu erfahren, statt weiterhin mit der wilden Geschichten von süßenden Zehen, zwickenden Krebsküchlein, bockigen Bockwürsten u.ä. abgespeist zu werden. Aber sie findet einfach keinen Zugang zu ihrer Mutter, sodass sie sich schließlich auf eigene Faust daran macht, Nachforschungen anzustellen.

    Man verfolgt natürlich gespannt diese Nachforschungen. Doch eigentlich ist nicht wichtig, was dabei im Einzelnen herauskommt. Wichtiger ist, dass man sich im Laufe des Buches beiden – obwohl so unterschiedlichen – Positionen Valeries und Nells annähern kann und zu überlegen beginnt, ob man wirklich immer alles wissen sollte.

    Dem Klappentext des Buches ist zu entnehmen, dass die Autorin Maria Goodin Psychotherapeutin ist. Ich kann mir vorstellen, dass sie aus beruflicher Erfahrung kennt, dass sich Klienten in Phantasiewelten flüchten oder zumindest mit Lügen unschöne Wahrheiten gegenüber anderen sowie sich selbst kaschieren. Entscheidender ist jedoch, dass es ihr gelingt, nicht nur Verständnis für die so agierenden Personen zu wecken, sondern auch den Leser damit nicht allein lässt.

    Denn auch wenn ich gegen Ende des Romans herzzerreißend geschluchzt habe, aber nicht weil es traurig ist, auch wenn es dies auch ist, habe ich das ausgelesene Buch eher beschwingt und positiv gestimmt beiseite gelegt. Es gibt zwar – glücklicher Weise – kein an den Haaren herbei gezogenes Happy End, aber mich ließ diese herzerwärmende Geschichte mit einem bestärkenden Gefühl zurück.

    Ich möchte den Roman darum an dieser Stelle gern weiter empfehlen.

  5. Der folgende Abschnitt aus dem Roman „Valerie kocht“ wurde von mir aus drei Gründen für das Zitat ausgewählt:

    1. handelt es sich um die Szene, in der die nachgekochten Pfefferminztaler vorgestellt werden.

    2. bietet es eine typische Leseprobe für die phantastischen Szenen, aus denen der Roman zu großen Teilen besteht. (Da einige der anderen Geschichten noch verrückter sind, sollte man diese zumindest akzeptabel finden.)

    3. kommt am Ende die mittlerweile zumeist nur noch resignierte Reaktion Nells auf diese Geschichten ihrer Mutter zum Ausdruck.

    Befeuert von einem Pfefferminztaler meiner Mutter, kroch ich die ganze Strecke von der Hauptstraße in Tottenham bis nach Enfield Chase. Sagt sie jedenfall. „Kroch“ in dem Sinn, dass ich mich auf allen vieren fortbewegte. Für meine damaligen Verhältnisse war ich das reinste Geschoss.

    Wer sich damit nicht so genau auskennt: Pfefferminztaler bestehen aus karamelisiertem Zucker und Pfefferminzöl; aus der glattgestrichenen Masse werden Taler ausgestochen und in die geschmolzene Schokolade getaucht. Man sollte sie niemals in Reichweite gefräßiger Wickelkinder lassen, die alles packen und verzehren, was sie mit ihren Patschhändchen zu fassen kriegen, und eben diesen Fehler hatte meine Mutter begangen.

    «Ich war so furchtbar ausgelaugt», sagte sie. «Als alleinerziehende Mutter muss man sich manchmal dermaßen abrackern, verstehst du? Also habe ich mir wie so oft in der Zeit eine Ladung Pfefferminztaler gemacht, als Zuckerschub, damit mir nicht mitten am Tag die Energie ausgeht. Ich habe dich nur ganz kurz aus den Augen gelassen, und schon hatte ich die Polizei am Telefon und hörte, sie hätten dich nach einer rasanten Verfolgungsjagd in Enfield gestellt.»

    Aus Berichten der Polizei, der Zeugen vor Ort, des Fahrers der Buslinie 192 und eines Mitarbeiters vom Tierschutzverein gewann meine Mutter die Erkenntnis, dass ich für ein einjähriges Kind ein ziemliches Abenteuer hinter mit hatte.

    Offenbar verlieh mir der stibitzte Pfefferminztaler genügend Antrieb und Kraft, um mich bis zur Klinke der Wohnungstür hochzuhangeln und sie aufzudrücken. Als Nächstes kugelte ich drei Treppen hinunter, vorbei an Mr. Ginsberg, der später zu Protokoll gab, ich hätte ein derartiges Tempo draufgehabt, dass er mich für einen Fußball gehalten und zu den «Rotzlümmeln aus Nr. 26» hinaufgebrüllt habe, wenn er sie noch mal im Haus mit einem Fußball erwische, werde er selbigen beschlagnahmen. Nachdem ich glücklich auf dem Bürgersteig gelandet war, krabbelte ich mit im Nachhinein geschätzten dreißig Stundenkilometern die belebte Hauptstraße entlang, dass die Fußgänger nur so beiseitespritzten und ein Straßenkehrer unsanft im Rinnstein landete, und reihte mich alsdann in den Verkehr auf der B 154 ein. An der großen Kreuzung überquerte ich unter Missachtung der Ampeln stur die Church Street, aus der soeben ein Bus der Linie 192 kam. Der Fahrer machte eine Vollbremsung und meldete der Zentrale per Funk, er habe soeben um Haaresbreite einen Zusammenstoß mit einem Hochgeschwindigkeitsbaby vermieden und bitte um Ablösung, da ihm schwummrig sei. Als er mit seiner Meldung fertig war, befand ich mich längst irgendwo im Ortszentrum von Enfield, wo ein Mitarbeiter des Tierschutzvereins mich auf seiner Patrouille entdeckte, mit seinem Lieferwagen die Verfolgung aufnahm und mich durch das geöffnete Fahrerfenster mit einem Netz einzufangen versuchte. Unterdessen hatte der erzürnte Straßenkehrer die Polizei verständigt, die in zwei Streifenwagen just in dem Moment mit quietschenden Reifen um die Ecke bog, als mir vor dem Bahnhof Enfield Chase endlich die Luft ausging und ich schlingernd zum Halten kam, wobei Dampfwölkchen aus meinen Ohren entwichen. Kaum hatte einer der Polizisten mich auf die Arme genommen, schlief ich ein und wurde erst drei Tage später wieder wach.

    «Es war mir so peinlich», sagte meine Mutter, «als die Beamten mit dir vor der Tür standen. Ich hatte nicht mal gemerkt, dass du verschwunden warst! Du warst ein einziger Dreckklumpen, und an deiner Stirn klebten lauter zerquetschte Insekten. Du hast irgendwie komisch gerochen, leicht angebrannt, und der Beamte meinte, sicher wärst du heißgelaufen, deswegen habe ich dich erst mal in den Kühlschrank gelegt und den netten Polizisten eine Tasse Tee gemacht. Anfangs schienen sie ziemlich böse auf mich zu sein, aber als ich ihnen das mit den Pfefferminztalern erklärt und jedem einen zum Probieren gegeben habe, waren sie beide mächtig beeindruckt. Sie wurden nämlich im Dienst immer so furchtbar müde, vor allem bei der Nachtschicht, und sie sagten, wenn sie so eine Energiebombe wie meine Pfefferminztaler hätten, könnten sie zweimal so viele Verbrecher fangen. Und von da an habe ich die Polizei im Großraum London mit Pfefferminztalern versorgt.»

    Ewan beißt ein weiteres Stück von seinem Pfefferminztaler ab und lächelt meine Mutter an.

    «Und, hat es gewirkt?», fragt er. «Haben sie mehr Verbrecher gefangen?»

    «O ja. In dem Jahr fiel die Verbrecherstatistik dramatisch besser aus, aber es hat natürlich nie jemand zugegeben, dass die Polizisten mehr Energie hatten und es daran lag.»

    «Es lag an den grundlegenden Reformen des Polizeiwesens, die in dem Jahr umgesetzt wurden», sagte ich trocken zu Ewan. «Man hat neue Gesetze eingeführt – »

    «So stand es in den Zeitungen, Schätzchen», unterbricht mich meine Mutter mit einer abfälligen Geste. «Du darfst nicht alles glauben, was die Leute so behaupten. Dafür waren
    einzig und allein meine Pfefferminztaler verantwortlich, lass dir das gesagt sein.»

    Ich schüttele den Kopf und seufze. «Wenn du meinst, Mutter.»

    «Na, bei mir haben sie jedenfalls gewirkt», sagt Ewan, verputzt den letzten Bissen und wischt sich die klebrigen Hände an seiner schmuddeligen Jeans ab. «Ich bin zu neuen Schandtaten bereit.»

    [Maria Goodin: Valerie kocht, aus dem Englischen von Martina Tichy, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 2013, s. 204-207]

  6. klingt gut und lesenswert….

  7. Zu Weihnachten habe ich Pfefferminztaler nach einem neuen Rezept zubereitet, welches in der Zubereitung geling sicherer ist und bei dem die Pfefferminztaler nachher dennoch genauso gut schmecken, wie die hier in den vorhergehenden Kommentaren beschriebenen: https://gourmandise.wordpress.com/2014/12/23/pfefferminztaler-2/

    Nur so als Tipp…


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